Entwicklungsgeschichte

Hier klicken für ein größeres Image!                                     Die Anlehnung an die DT Modellreihe ist deutlich erkennbar: Designzeichnung aus den Entwicklungsanfängen der XT 500.Der Übergang in die Siebzigerjahre sah eine atemraubende Motorradentwicklung. Immer grössere, stärkere und schwerere Töffs kamen auf den Markt. Die Sechzigerjahre mit den grossen englischen Einzylindern von Norton, BSA und Velocette schienen gestorben. Die schnellen, starken und leise schnurrenden 4-Zylindermaschinen aus Japan hatten sie in kürzester Zeit verdrängt. Ausgerechnet in dieser Zeit begann 1973 Yamaha mit der Entwicklung eines neuartigen Einzylinder-4Takt-Motors, der an diese alten Zeiten anknüpfen sollte.

Die erste XT 500 hatte im September 1975 ihren Roll-out, wo sie anlässlich der USA Händlerpräsentation vorgestellt wurde. Und als Yamaha dann am 10. März 1976 in Las Vegas den Medien die grossvolumige Viertakt-Enduro XT 500 präsentierte, waren Fachwelt und Publikum gleichermassen begeistert - endlich eine vernünftige Alternative zu den lärmenden Off-Road-Maschinen mit Zweitaktmotor. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten. Bald gehörte der urige Einzylinder-Dampfhammer zu den meistverkauften Motorradmodellen in Europa. Bis Ende 1982 wurden allein in Deutschland rund 20'000 Exemplare zugelassen.
Hier klicken für ein größeres Image!                                     Ein seltenes Bild aus einem privaten Fotoalbum: der erste Prototyp der XT 500 1973 vor einem Technikgebäude von Yamaha in Iwata, Japan.Was viele Besitzer an ihrer XT 500 schätzen, genauso viele aber von ganzem Herzen verfluchen: sie muss nach guter Altväter Sitte mit dem Kickstarter angetreten werden. Wer's schafft, dem klotzigen Halbliter-Triebwerk auf Anhieb Töne zu entlocken, hat sein Erfolgserlebnis und gilt als Könner. Wer sich dagegen vergeblich müht, wer bis zur Erschöpfung auf dem widerspenstigen Starter herumspringt, stösst bald laute Verwünschungen aus und bereut, dass er sich nicht einen kreuzbraven Töff mit elektrischem Anlasser zugelegt hat.
Tückisch kann sie auch sein, wenn plötzlich mit aller Macht geremst werden muss: die kleinen, schmalbrüstigen Trommelbremsen verzögern das 150 kg Gefährt für heutige Verhältnisse eher schlecht als recht und sind zwischendurch schon mal überfordert. Trotzdem wurde der rauhbeinige Dampfhammer in seinen Konstruktionsmerkmalen nie geändert. Die Japaner wollten dieser Maschine zum Glück nie durch einschneidende Eingriffe den martialischen Charakter und die spezifische Ausstrahlung nehmen. Also wurde nur bescheidene Modellpflege betrieben.
Schon ein Jahr nach Erscheinen bekam die XT einen neuen, nach Moto-Cross-Art hochgelegten und vor Steinschlag geschützten Auspuff. Bei der ersten Serie lief der Auspuffkrümmer unten am Motorblock vorbei. Entsprechend häufig nahm das Rohr im Gelände Schaden. Ab dem Jahrgang 1980 wurde die Vorderradgabel dahingehend überarbeitet, als die Achse vorverlegt wurde. Sie wird ab diesem Baujahr nicht mehr von Klemmschalen gehalten, sondern sitzt in vorne angeschlagenen Lageraugen. Geändert wurden auch die Gabelbrücken, die fortan gerade und nicht mehr V-förmig ausgebildet sind. Dies hat heute zur Folge, dass die bis 1979 montierten Stahltanks nicht auf die Rahmen ab 1980 passen, bzw umgekehrt die anders geformten Aluminumtanks ab 1980 nur mit grösseren Anpassungen auf Modelle von 1979 und früher passen. Ebenso rückte ab 1980 die Sitzbank um einige Zentimeter nach hinten, war weniger hoch gepolstert und mit einer kleinen Verlängerung versehen.
Hier klicken für ein größeres Image!                                     1976: das erste in Europa erhältliche Modell der XT 500 mit der noch untenrum verlegten Auspuffanlage. Im Verlaufe der Jahre nur in Details überarbeitet wurde der 499 cm3 grosse, anspruchslose Einzylinder-Motor. An den noch kleineren Kühllamellen des Zylinders erkennt man das 1976er Modell, ebenso wurde ab 1977 in Form eines Schauglases ein Kickindikator eingebaut, der dem Unbedarften beim Ankicken helfen soll. Änderungen in der Befestigung der Ölpumpe und Details im Motorinneren erhöhten im Verlaufe der Jahre sukzessiv die Standfestigkeit dieses ausgereiften, einfach und kompakt konstruierten Triebwerkes. Schon bei niedrigen Drehzahlen legt es kräftig los, entwickelt dabei Vibrationen wie eine alte Norton Dominator und erreicht das maximale Drehmoment von 37,0 Nm bei 5'100 Umdrehungen pro Minute. Konventionell und simpel die Ventilsteuerung: die obenliegende Nockenwelle wird von einer Kette angetrieben, die beiden Ventile werden über Kipphebel betätigt.
Anders als bei den modernen Abkömmlingen der XT 500 ist die Zündanlage kontaktgesteuert. Ein zwar einfaches und zuverlässiges Prinzip, aber entsprechend häufig muss die Zündung geprüft und eingestellt werden. Aufwendig und gerade beim Fahren im Gelände von Vorteil: die Trockensumpfschmierung. Das Motoröl befindet sich in einem Rahmentank im oberen Zentralrohr und wird von einer Pumpe über diverse Ölleitungen zu den Schmierstellen befördert.
Beibehalten wurde bis zum Produktionsende der Ventilausheber, der von Hand betätigt werden muss und das Ankicken erleichtern soll. Das gut abgestufte Fünfganggetriebe lässt sich leicht und präzise schalten, die Doppelsitzbank ist für die Dauer einer Tankfüllung noch einigermassen komfortabel, darüber hinaus wird sie zum Folterinstrument. Der Platz für zwei Personen ist zwar vorhanden, allerdings sind längere Fahrten mit Sozius nicht zwingend zu empfehlen.
Zweckmässig die Instrumentierung: Tachometer, Kilometerzähler, Drehzahlmesser und Kontrolleuchten für alle wichtigen Funktionen gehören zur Grundausstattung. Die serienmässig aufgezogenen Universalreifen der Dimension 3.25 x 21 vorne und 4.00 x 18 hinten sorgten auf Asphalt und auf trockener Piste für ausreichend gute Bodenhaftung. Auf schlammigem und nassem Untergrund setzte sich das Profil dagegen rasch zu. Auch in Sand und auf nassen Wiesen sind Traktion und Seitenführung damit mangelhaft. Allerdings ist heute kaum mehr anzunehmen, dass sich noch viele, mit der Orignalbereifung ausgerüstete XT, im Verkehr befinden.
Hier klicken für ein größeres Image!                                     Sie setzte neue Masstäbe: die XT 500 vom französischen Team Sonauto an der Rally Paris-Dakar.Mit phantasievollen, nicht immer vorschriftsgemässen Umbauten haben ganze Generationen von Elefanten-Treibern versucht, aus dem von Natur aus nur bedingt fernreisetauglichen Dampfer ein geländegängiges Wüstenschiff zu machen. Häufig wurden voluminöse Spezialtanks und grobstollige Cross-Reifen montiert. Tragegestelle für Wasserkanister und Steinschlag-Schutzgitter für den Scheinwerfer. Derart gerüstet wurden - und können auch heute noch - die weitesten Wüstenetappen zurückgelegt werden.
Aus ganz anderem Holz geschnitzt waren jene XT 500, die regelmässig am härtesten Geländerennen der Welt teilnahmen, an der Rallye Paris-Dakkar. Mit Serienmaschinen hatten die 140 km/h schnellen Dünenclipper nicht mehr viel gemeinsam. Nur noch Rahmen, Motorblock und Getriebe entsprachen der Serie. Alles andere wurde ausgetauscht oder abgeändert: Die Motoren leisteten bis zu 45 PS, die Vorderradgabel stammte aus reinrassigen Cross-Maschinen, die Tanks fassten bis zu 40 Liter Sprit.

Alles in allem bekam der Käufer einer Yamaha XT 500 in der damaligen Zeit eine sowohl vom Fahrwerk, wie auch vom Motor und von der elektrischen Anlage her waschechte Enduro für sein Geld. Ein Töff also, der sich sowohl auf der Strase als auch im Gelände einsetzen liess und der auch heute noch in der ganzen Welt auf eine treue Anhängerschaft zählen kann.

Top

Erinnerungen von Shiro Nakamura

Shiro Nakamura - später auch für die SR 500 verantwortlich - entwickelte den XT 500 Motor. Er erinnert sich:

"Als der Offroad-Boom in den USA einsetzte, erinnerten sich die Fahrer wieder an die Vorzüge der guten alten englischen Einzylinder. Klar, dass unsere Vertriebsleitung sofort die Entwicklung eines 4-Takters für's Gelände forderte. Um ehrlich zu sein, muss ich heute eingestehen, dass wir Ingenieure uns nur sehr widerstrebend an die Arbeit machten. Wir wussten viel zu viel um die Schwierigkeiten mit diesen grossen Einzylindern. Sobald man ihnen mit mehr Kubik ein bisschen Kraft einhauchte, wurde die Konstruktion rasch sehr unzuverlässig, vibrierte alle Schrauben los und schüttelte und rüttelte unmöglich.
Shiro Nakamura: der XT 500 Projektleiter bei Yamaha .Die Entwicklung war dann auch ein einziger Alptraum. Der Motor war erst unser zweites 4-Takt-Projekt. Wir testeten die verschiedensten Konfigurationen wie DOHC und Ölkühlung für den Zylinderkopf. Da die Maschine aber einfach und zuverlässig werden sollte, kamen wir wieder von all diesen komplizierten Konstruktionen weg.
Zuerst stellten uns die schweren Kolben vor grosse Probleme. Vom Material her wie von der Konstruktion. Sie weiteten sich aus und klemmten natürlich fest. Auch die Konstruktion des Zylinderkopfes und des Zylinders stellte uns vor völlig neue Probleme. Einer der von uns mit viel Hoffnung konstruierten Zylinder brach sogar immer wieder in der Mitte auseinander. Wir hatten eben noch keine Erfahrung mit Ausgleichswellen, sodass es auch viele Probleme mit gebrochenen Kurbelwellenlagern gab. Anstelle einer einteiligen, geschmiedeten Kurbelwelle entwickelten wir die zweiteilige Kurbelwelle mit dem nadelgelagerten Pleuel, was uns erlaubte, ein wesentlich kompakteres Motorgehäuse zu konstruieren. Diese Lösung hatte auch den Vorteil, dass sie in der Produktion deutlich preiswerter herzustellen war.
All diese Probleme verzögerten den Roll-Out der ersten Maschine um mehr als ein Jahr. Doch 1975 präsentierten wir eine Konstruktion, die zuverlässiger als jeder bis zu diesem Zeitpunkt entwickelte, grossvolumige Einzylindermotor funktionierte. Im Gegensatz zu den langhubigen, britischen Einzylindern der Sechzigerjahre hatte unser Motor ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis Bohrung x Hub von nur 87 x 84 mm. Daraus ergab sich mehr denn je der unvergleichbare, richtige Dampfhammer-Charakter eines klassischen Einzylinders. Die einfache Zwei-Ventilkonstruktion verhalf der Maschine zu einer flachen Drehmomentkurve, während das bewusst klein konstruierte Schwungrad ein Hochdrehen des Motors so erlaubte, wie wir uns das vorgestellt hatten. Zusammen mit der Trockensumpfschmierung ergab der kurze Hub eine viel kompaktere Konstruktion, als dies je von einem britischer Einzylinder erreicht wurde."


Top